Über Beziehungen nachdenken und entlasten
Von Tim Jackins
Die Schmerzmuster unserer Gesellschaften geben uns starr vor, wie Beziehungen sein können und welche „akzeptabel“ sind. Die Gesellschaft bekräftigt die irrationalen Einschränkungen darüber, wer wir sind und wer wir sein wollen. Wir sollen nur auf bestimmte Arten denken und handeln. Alles andere wird missbilligt, herabgesetzt oder als böse oder gefährlich dargestellt. Unsere volle Menschlichkeit zu entdecken und uns für sie zu entscheiden, ist nicht erlaubt oder akzeptiert. Gesellschaftlich wird uns vorgeschrieben, inwieweit wir uns um andere sorgen dürfen, für wen wir uns interessieren dürfen und inwiefern es uns gestattet ist, dies zu zeigen.
Dies hat solch einen starken und weit reichenden Einfluss, dass sich die meisten von uns davor verschließen, mehr zu fühlen, mehr zu wollen oder mehr zu denken, als es die Gesellschaft erlaubt. Viele von uns wurden so verletzt, dass sie gänzlich vergaßen jemals mehr gewollt zu haben. Als Reaktion auf diese Einschränkungen rebellieren manche dagegen und finden Wege für andere Zuneigung zu empfinden und diese zu äußern, die von der Gesellschaft missbilligt werden.
Wir können entscheiden – aus einem Muster heraus reagierend, oder rational und bedacht – uns nicht nach den musterbehafteten Einschränkungen der Gesellschaft zu richten. Dies zu tun kann die Möglichkeit schaffen, dass wir uns in manchen Bereichen anders verhalten. Nichtsdestotrotz befreit es uns nicht von den Mustern, die die Gesellschaft uns auferlegt hat. Nur Entlastung – sehr viel Entlastung – kann das erreichen.
Viele Menschen, die eine schwule oder lesbische Identität angenommen haben, kämpfen um die Möglichkeiten sich auf eine tiefere und umfassendere Art für Menschen zu interessieren, über die die Gesellschaft sagt, dass sie sich nicht für sie interessieren sollten. Dies kann die Möglichkeiten bieten in Bereichen menschlich zu sein, die die gesellschaftliche Unnachgiebigkeit nicht erlaubt. Es macht Sinn zu versuchen immer vollständiger menschlich zu werden und immer tiefere Zuneigung für andere zu empfinden und dies offen zu zeigen.
Was würdest du anders machen, solltest du dich entscheiden, dich nicht nach den gesellschaftlichen Einschränkungen zu richten, wie du und deine Beziehungen mit anderen sein könnten?
Außerdem wird die Botschaft, dass alle wirklich vertrauten Beziehungen sexuell sein müssen, stark durch unsere Gesellschaften gefördert. Das ist schlichtweg falsch. Wir wissen, dass Menschen tiefe und vollständige Zugneigung gegenüber anderen Menschen empfinden können, dass sie wundervolle, nahe, innige, einzigartige Beziehungen führen – jeweils durch das Denken der beteiligten Personen beschlossen – und, dass diese Beziehungen keinen Sex einschließen „müssen“.
Schmerzmuster im Bezug auf Sex durchdringen unsere Gesellschaften und dringen in uns ein, lange bevor wir uns sexuell entwickelt haben. Dies garantiert, dass wir alle nur sehr wenige Möglichkeiten haben klar über Sex nachzudenken und zu verstehen. Die gesellschaftliche Unterdrückung drängt uns in die Isolation. Und diese Isolation, verbunden mit unseren Verletzungen im Bereich der Sexualität, machen es schwierig für uns die musterbehafteten Verbindungen zwischen Zuneigung und Vertrautheit, und Sex zu hinterfragen. Es ist wichtig für uns alle auf diesem Gebiet zu counseln, zu entlasten und uns Gedanken zu diesem Thema zu machen.
Rational Island Publischers (Hg.): Present Time. Nr. 131, April 2003, S. 85, Seattle.
Übersetzt von Carsten Filor und Uta Allers, April 2008