Die Kunst Klient zu sein
Von Harvey Jackins
Im größten Teil der NC-Schriften wird die Rolle des Co-Counselers beschrieben und das ist auch richtig so. Uns allen ist eine natürliche, spontane Neigung dazu, Klienten zu sein zu eigen, wie sehr diese Motivationen auch durch hemmende Muster zu verschleiert sein mögen. Um effektive Counseler zu werden, sind für uns alle detaillierte Richtlinien und Ermutigung nötig, um uns dabei zu helfen, die Konditionierung gegen Entlastung und gegen die Förderung von Entlastung zu überwinden, die uns unsere Gesellschaft aufgebürdet hat.
Trotzdem bringt uns das Co-counseling am meisten als Klienten. Unser Erfolg als Klienten, der darin liegt, dass wir unsere Schmerzmuster entlasten und neuauswerten, ist der wichtigste Faktor in unserem langangelegten Erfolg als Co-Counseler. Das Geschick als Klient zu arbeiten ist von größter Wichtigkeit. Die folgenden Richtlinien, die aus vielen Erfahrungen von vielen Menschen in der Rolle des Klienten herausgezogen wurden, sind hilfreich.
Erstens übernehme die Verantwortung für dich als Klient. Es ist wunderbar die Verantwortlichkeit deinem Counseler zu spüren, während sie dir in einer Phase von heftiger Entlastung beisteht; aber in der Zwischenzeit erinnere dich daran, dass du über deine Rolle als Klient selber nachdenkst und dein Vorwärtskommen planst. Du wirst wesentlich bessere Sitzungen bekommen, wenn du eine Ahnung davon hast, woran du arbeiten willst. Dies wird auch dem kompetentesten Counseler dabei helfen, seine eigentliche Rolle als Assistent einzunehmen, anstatt zu versuchen für den Klient zu planen.
Zweitens nehme für dich die Rolle des Klienten in deiner Sitzung und nur in deiner Sitzung in Anspruch. Natürlich wirst du viele informelle, kurze oder telefonische Sitzungen haben, ebenso wie du formelle Sitzungen haben wirst, aber du solltest sicherstellen, dass die andere Person bereit ist und willens dein Counseler zu sein, bevor du mit deinen Schmerzmustern "loslegst". Es anders zu machen, wäre unfair und eine Zumutung deinem Counseler gegenüber. Langfristig gesehen würde das für dich als Klient auch nicht gut funktionieren.
Drittens behandele deine Counseler achtungsvoll und mit liebevoller Unterstützung. Menschen, die dich gut counseln können sind ein Reichtum, und mit Respekt und Bedachtheit zu behandeln. Es ist gut, sie offen und häufig wertzuschätzen und sie nach deinen besten Fähigkeiten zu counseln, wenn die Rollen getauscht werden. (Wenn du noch nicht in der Lage bist, sie genau so gut zu counseln, wie sie dich, dann kannst du für sie Babysitting, Rasenmähen, Fußbodenschrubben oder andere wertvolle Arbeit machen, damit die Beziehung fair bleibt und auf gemeinsamen Selbstrespekt basiert.)*
Viertens,verhalte dich innerhalb und zwischen Sitzungen so, dass Beobachter sich dadurch angezogen fühlen, NC zu verwenden. Du zeigst mit deinem Beispiel, wie verantwortungsvoll du dich von deinen Schmerzmustern befreist, anstatt dass du die Menschen damit abstößt, dass du gedankenlos dein Material zeigst und dramatisierst.
Anderen Menschen in deiner Umwelt zu zeigen, wie laut und kühn du schreien, kreischen oder fluchen kannst oder Wörter benutzt, die dir in deiner Kindheit verboten waren, ist Zurschaustellung und Ausübung eines Schmerzmusters und keine Entlastung oder verantwortungsvolles Counseln.
Um Entlastung möglich zu machen ist es für einen Klienten manchmal nötig zu schreien, aber an und für sich ist das Schreien keine Entlastung und kann im entsprechenden Falle in ein Kissen oder außer Hörweite von anderen geschehen.
Zimmereinrichtungen zu beschädigen oder andere destruktive Gewalt auszuüben ist keine Entlastung und nicht hilfreich, sondern das starre Abspielen eines Musters. Ärgerliche Gesten sind für manche Arten von Entlastungen nötig, was aber ohne Probleme durch starkes Auf- und Abspringen auf festen Fußboden erreicht werden kann, ohne jeglichen Schaden anzurichten oder die Nachbarn zu aufzuregen.
Warmherzigkeit und Nähe entwickeln sich zwischen Co-Counselern, zwischen Mitgliedern von Co-Counseling-Gruppen oder Co-Counseling-Gemeinschaften ganz spontan, aber dies sollte eine vertrauliche Sache bleiben. Sich auf eine verlegende oder steife Art zu umarmen, wo solche Gesten nicht verstanden werden oder zu versuchen, diese Art von Nähe anderen anzumuten, wenn sie diese nicht verstehen können, ist auch hier Zurschaustellung, nicht Counseln.
Mit allen Menschen, die noch nicht in der NC-Gemeinschaft sind, muss bewusst und respektvoll umgegangen werden. Unsere Kommunikation mit ihnen muss man auf der Basis davon stehen, wo sie sich befinden, nicht auf der Basis davon, was unser Gefühl ist, oder wo wir uns wünschten das sie wären.
Ein Co-Counseler hat es einmal so zusammengefasst: "Wir können nicht einfach unsere Muster an anderen abwischen und denken, dass dies uns dabei hilft, sie loszuwerden.”
Co-Counseler müssen versuchen über alle Vorwürfe erhaben zu sein in ihren Beziehungen mit allen anderen Menschen, so wie Caesars Frau. Und da wir als Co-Counseler ständig entwickeln und vorankommen, wird das nicht so schwierig sein, wie es zu sein scheint.
*Nach vielen Jahren an Erfahrung im Unterricht von Co-counseling ermutigt die NC-Gemeinschaft Menschen dazu, einfach miteinander auf gleichwertiger Basis zu counseln, egal wie lange sie in NC sind.
The Human Situation. Seattle, 1971, Rational Island Publishers.
Übersetzt von Uta Allers und Gudrun Onkels